Oktober 2005: Erste Erfahrungen vor Ort
Im Oktober 2005 haben wir einen Hilfstransport nach Schäßburg (Sighisoara) in Rumänien durchgeführt. In Heidelberg und Umgebung hatten wir zuvor Geld- und Sachspenden gesammelt. Unsere Hilfslieferung sollte vor allem den Kindern, insbesondere den so genannte "vergessenen Kindern" zu Gute kommen. Dies sind Säuglinge und Kleinkinder, die von ihren Eltern oder ledigen Müttern wegen der schlechten finanziellen und sozialen Umstände im Krankenhaus oder im Entbindungsheim zurückgelassen werden. Dies tun die Familien meist in der Hoffnung auf staatliche oder private Hilfe für ihre Kinder.
Die Stationen unseres Hilfstransports waren:
- die pädiatrische Abteilung des städtischen Klinikums Schäßburg:
Wir besuchten dort die Station für "vergessene Kinder", d.h. Kinder, die von ihren Eltern im Krankenhaus zurückgelassen wurden.
- Mit an Bord hatten wir Material zur Einrichtung eines Labors (Mikroskop, Autoklav, Verbrauchsmaterialien, etc.), um gängige bakteriologische Untersuchungen durchführen zu können. Diese Spende der Laborgemeinschaft Harter aus Heidelberg findet nun in der Schäßburger Poliklinik weitere Verwendung.
- das Entbindungsheim des städtischen Klinikums Schäßburg:
dringend benötigte Medikamente, Pampers, Babykleidung, Säuglingsnahrung sowie Hygiene- und Pflegemittel kamen den dort zurückgelassenen Kindern zu Gute.
- ein Elendsviertel in der Umgebung von Schäßburg. Um uns ein Bild von den Lebensbedingungen der Kinder in Elendsvierteln zu machen, besuchten wir das Elendsviertel des kleinen Dorfes Seleus. Dort leben vor allem Rumänen, wenige deutschstämmige „Siebenbürger Sachsen“ und ganz am Rande des Dorfes, in einer so genannten „Ziganie“, die Ärmsten der Armen. In einem Privathaushalt richteten wir eine eintägige Ambulanz ein, um einige kranke Kinder aus der Ziganie zu untersuchen. Diese Kinder waren schon zuvor nach dem Schweregrad ihrer Erkrankung von unseren örtlichen Ansprechpartnern ausgewählt worden.
- Die Vielzahl der Erkrankungen, die wir sahen, und der jeweilige Schweregrad waren erschreckend. Die meisten Kinder leiden an chronischen Erkrankungen, wie Tuberkulose, Rachitis, Krätze, Läuse und Wurmerkrankungen. Solche schweren Verläufe kennt man in Westeuropa nur aus Lehrbüchern.
- Die Familien leben in den Elendsvierteln unter desolaten hygienischen Bedingungen: ohne Wasseranschluss, ohne sanitäre Einrichtungen und größtenteils ohne Stromversorgung.
- Eines der größten Probleme ist die Unterernährung der Kinder, da sie von ihren Eltern nicht adäquat ernährt werden können. Wegen des geringen Bildungsstands der Eltern ist es schwierig, die Bedeutung altersentsprechender Ernährung zu vermitteln. Die chronische Mangel- und Unterernährung, die zu einer Wachstumsretardierung führt, lässt Vierjährige wie anderthalbjährige Kinder aussehen.
- Vor Ort haben wir uns spontan dazu entschlossen, mitgebrachte hochkalorische Flüssignahrung einer örtlichen Hilfseinrichtung zur Verfügung zu stellen. Während des Winters wurde die Trinknahrung an Kinder und Säuglinge abgegeben. Auf diese Weise konnten wir ca. 50 bis 75 Kindern ein Überleben des Winters ermöglichen.
Unsere Intention war, Hilfsgüter nicht nur abzuliefern und sie den bedürftigen Familien zu überlassen, sondern die gesamte Problematik der Kinderarmut in Rumänien zu erfassen, um bessere Ansatzpunkte für konkrete Hilfsmaßnahmen unsererseits im Jahr 2006 zu finden.
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